Leitartikel zum Thema KINDERSEELEN (trailer 10/17)

Kleine Tyrannen mit großen Gefühlen

Anfang 2008 entfachte der Bestseller „Warum unsere Kinder zu Tyrannen werden“ eine heftige Debatte. Der Autor Michael Winterhoff, ein Bonner Facharzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie, stellte ausgehend von seiner Praxiserfahrung folgende These auf: Die gegenwärtige Erziehung macht Kinder erst zu Partnern auf Augenhöhe, die notwendige, pädagogische Distanz geht verloren. Dadurch geraten die Kinder in ein symbiotisches Abhängigkeitsverhältnis zu ihren Eltern und werden zu respektlosen, unselbstständigen und gesellschaftsuntauglichen Jugendlichen und Erwachsenen.

Anfang 2016 veröffentlichte die Wiener Psychologin Martina Leibovici-Mühlenbach mit „Wenn Tyrannen-Kinder erwachsen werden“ die inoffizielle Fortsetzung von Winterhoffs Buch. Die Huffington Post titelte Mitte 2016 salopper „7 Erziehungsfehler, die zu Arschlochkindern und Tyrannen führen“. Laufen wir wirklich Gefahr, dass künftige Generationen respekt- und vor allem empathielos wie kleine Hannibal Lecters durch die Pekip-Gruppen der Republik krabbeln?

Empathie ist eine Fähigkeit, die wie das Konzept der Theory of Mind angeboren ist. Während Theory of Mind oder auch „Alltagspsychologie“ dafür verantwortlich ist, dass Menschen kognitive Prozesse anderer Menschen nachvollziehen können, meint Empathie, sich einfühlen zu können in die Emotionen anderer. Beide Konzepte sind im biologischen Grundbauplan des Menschen angelegt ….

Der Artikel ist erschienen im trailer-Magazin 10/17 und auf www.trailer-ruhr.de.
Hier geht es zum vollständigen Artikel.

Interview mit Lamya Kaddor zum Thema „Muslim*innen, Demokratie & Zivilgesellschaft“

Würden Sie sich eher als religiöse oder politische Aktivistin bezeichnen?
Lamya Kaddor: Als religionspolitische Aktivistin wenn überhaupt. Mir geht es aber gar nicht um Religion, sondern um zivilgesellschaftliches Engagement. So ist auch der Liberal Islamische Bund (LIB) entstanden. Die ursprüngliche Idee war, eine Alternative zu den bereits existierenden, eher konservativen Dachverbänden zu gründen. Meinen Mitstreitern und mir war es wichtig, auch dem liberalen Islam eine Stimme zu geben. Und das geht in Deutschland eben am besten, indem man einen Verein gründet.

Welche Ziele verfolgt der LIB?
Es geht weniger um Ziele als um die Vermittlung bestimmter Prinzipien, die unserer Meinung nach den liberalen Islam ausmachen. Das betrifft zum Beispiel die Rolle der Frau, die noch viel gleichberechtigter sein müsste. Wir haben eine Imamin, die ein geschlechtergemischtes Gebet leitet, wir trauen interreligiöse Ehen, konzipieren und führen Präventionsprojekte durch, aktuell gegen Antisemitismus unter Jugendlichen. Wir wollen nicht in einem Elfenbeinturm sitzen, einen zeitgemäßen Islam postulieren und dessen theologische Ableitung erklären. Erst dadurch, dass wir das in die Praxis umsetzen, wird es authentisch.

Warum finden liberal-muslimische Positionen so wenig Gehör?
Das ist doch gar nicht so. Es wurde selten so viel berichtet wie vor dem Friedensmarsch im Juni. Der war übrigens nicht vom LIB organisiert, sondern von Friedensaktivist Tarek Mohamad und mir als Privatperson. Ich habe auch einige konservative Islamverbände mit ins Boot geholt. Die Demo war von Muslimen initiiert, das ist mir wichtig, aber sie war auch für alle Menschen offen. Der Terror bedroht uns alle, deswegen richtete sich der Demoaufruf auch an Muslime und Freunde. Ich mache das als überzeugte Deutsche, die den Rechtsstaat achtet und sich bewusst ein rechtsstaatliches Mittel gesucht hat, um einen Prozess ans Laufen zu bringen. Das ist für mich ein Beispiel zivilgesellschaftlichen Engagements….

Das vollständige Interview ist im trailer-Magazin 09/17 und auf www.trailer-ruhr.de erschienen.

Hier lesen Sie das vollständige Interview mit Lamya Kaddor.

Zivilgesellschaftliches Engagement von Muslim*innen

Gott will es

Juli 2017 im thüringischen Themar: 6.000 Neonazis feiern ungestört eine rechtsextreme Party und freuen sich, mit pfiffigen T-Shirt-Aufrucken wie „HKNKRZ“ den Rechtsstaat zu foppen. Ungestört? Fast. Außer 300 mutigen GegendemonstrantInnen ist da noch Nemi El-Hassan, Anfang 20, anhand ihres Kopftuchs deutlich als Muslima erkennbar. Sie ist unterwegs für das Format „Jäger & Sammler“ von funk, dem jungen Medienportal von ARD und ZDF. Vor laufender Kamera nimmt sie Veranstalter und Neonazi-Aktivist Tommy Frenck in seiner Kneipe in die Mangel. Inmitten von NS-Souvenirs konfrontiert Nemi, deren Eltern aus dem Libanon stammen und die selbst in Deutschland geboren ist, Frenck mit der Frage, ob sie für ihn eine Deutsche sei. Frenck antwortet: „Nein, Sie sind Libanesin. Man kann eine Staatsbürgerschaft haben, aber man ist, was man durch Geburt ist“. Verstanden? Ich auch nicht.

Hier soll es ohnehin nicht um krude, nationalistische Ideologien gehen, sondern um zivilgesellschaftliches Engagement von MuslimInnen in Deutschland. Sie engagieren sich unabhängig von ihrem Glauben ehrenamtlich in (Sport)Vereinen oder schließen sich gerade aufgrund ihrer Religionszugehörigkeit liberalen Verbänden wie dem Muslimischen Forum Deutschland oder dem Liberal Islamischen Bund an, wo sie sich klar zu einer Islamauffassung positionieren, die gesellschaftliche Pluralität anerkennt. Andere treten bewusst öffentlich als MuslimInnen in Erscheinung, setzten sich aber für oder gegen etwas ein, was auch die sogenannte deutsche Mehrheitsgesellschaft betrifft und mit dem Islam nur indirekt (Terror) oder nichts (Rechtsextremismus) zu tun hat. Nemi El-Hassan ist dafür ein gutes Beispiel….

Der Artikel ist erschienen im trailer-Magazin 09/17 und auf www.trailer-ruhr.de.
Hier geht es zum vollständigen Artikel.