Manchmal kommen sie wieder: Schneller, höher, weiter, öfter ist die Devise für 2019

In „Und täglich grüßt das Murmeltier“ erlebt Phil Connors, alias Bill Murray, ein und denselben Tag als niemals endendes Déjà-vu. Beim Schreiben des Vorspanns für diese Januarausgabe fühle ich mich angesichts der für 2019 angepriesenen Blockbuster wie Phil: Als würde mir stolz ein zotteliger Nager wie Löwenbaby Simba entgegen gereckt und als der neuste, heiße Scheiß verkündet. „Nants ingnyama bagithi Baba“ – das mysteriöse Intro aus „Der König der Löwen“ klingt übrigens auch nur originell und bedeutet ganz schlicht: „Hier kommt ein Löwe, Vater.“ Mit dieser Sequenz wird unvermeidlich auch die Live-Action/CGI-Adaption des Zeichentrick-Klassikers aus dem Hause Disney beginnen, deren Start für Juli 2019 geplant ist. Zu Disney gehört übrigens auch Marvel. In dessen Comic-Adaptions-Universum wuseln 2019 allerlei Superheld*innen durch das Franchise des jeweils anderen, hüpfen als X-Men und Women vorwärts und rückwärts durch Raum und Zeit („The New Mutants“, „Dark Phoenix“) oder treffen sich in „Avengers: Endgame“. Konkurrent DC bevölkert die Leinwände derweil mit „Wonder Woman 2“, „Shazam!“ und Joaquin Phoenix als „Joker“. Der Sequel-Wahn beschert uns 2019 neben einem Wiedersehen mit dem anderen irren Psychoclown Pennywise („Es 2“) auch „John Wick 3“, „Toy Story 4“, „Terminator 6“ oder „Star Wars: Episode IX“. James Bonds 25. Mission wurde immerhin auf 2020 verschoben. Punxsutawney ist trotzdem überall.

Auf ein paar der großen Filme dürfen wir uns trotzdem freuen, beispielsweise auf die lang erwartete Fortsetzung des crowdgefundeten „Iron Sky“. Seit 2016 wiederholt verschoben, soll es im Februar auf der 69. Berlinale mit „Iron Sky: The Coming Race“ weitergehen. Wenn das Sarah-Palin-Double nach der Apokalypse im Erdinnern auf Hitler trifft, der auf einem T-Rex reitend eine Dinosaurierarmee befehligt – welcher Fan des ungepflegten Naziploitation-meets-Dinosaur-Trashs kann da widerstehen? Ein Meister der High Class-Exploitation ist bekanntlich Quentin Tarantino. In seinem neunten beziehungsweise zehnten Film (je nach Zählweise von „Kill Bill“) lässt er in „Once Upon a Time in Hollywood“ vor der historischen Folie der Manson-Morde von 1969 einen Top-Cast aus Leonardo DiCaprio, Brad Pitt, Margot Robbie und Al Pacino agieren. Spannend dürfte auch Tim Burtons „Dumbo“-Interpretation werden, denken wir nur an die halluzinogene Rosa-Elefanten-Sequenz. Genial ist allerdings, wenn wir gar nicht merken, dass wir ein Sequel sehen. M. Night Shyamalan, der seit „The Sixth Sense“ nur Alternativhandlungen um den nächsten Plot-Twist strickte, wartete in „Split“ (2016) gleich mit zwei Überraschungen – Achtung, Spoiler! – auf: Die multiple Identitätsstörung wurde garniert mit der finalen Erkenntnis, dass wir gerade die Fortsetzung von „Unbreakable“ (2000) gesehen hatten. Innerhalb des Shyamalan-iverse genannten, selbstreflexiven Erzählraums geht es 2019 mit „Glass“ weiter.

In nur einem Punkt wiederhole ich mich übrigens alle Jahre wieder gern: Was abseits des Mainstreams an innovativen, packenden und überraschenden Filmen in unseren hiesigen Programmkinos zu sehen ist, lesen Sie auch 2019 weiterhin hier bei uns.

Dieser Text erschien im trailer ruhr-Magazin 01/19 und online auf www.trailer-ruhr.de

Katharina Desery (Mother Hood e.V.) über selbstbestimmte Geburten und Hebammenmangel

Frau Desery, was ist eine „natürliche Geburt“?
Katharina Desery:
Mutter und Kind sind schon während der Schwangerschaft als Einheit zu verstehen. Der Fachbegriff dazu lautet „Motherbaby“ oder eben „MutterBaby“. Die Geburt wird durch hormonelle Prozesse in Gang gesetzt, das Kind bestimmt den Geburtsbeginn also quasi selbst. In diesen Prozess sollte so wenig wie möglich von außen eingegriffen werden. Ganz streng gefasst ist das dann eine natürliche Geburt, bei der es keine medizinischen Eingriffe gibt und Mutter und Kind die Unterstützung und Zeit bekommen, die sie brauchen.

Welche Vorteile hat eine natürliche Geburt?
Menschen sind Säugetiere, keine Maschinen. Unser Körper funktioniert in der Regel sehr gut und wenn Frauen die Möglichkeit haben, natürlich und aus eigener Kraft zu gebären, sind sie hinterher mit der Geburtserfahrung zufriedener. Es ist dann eine Erfahrung, die sie stärker macht und die Bindungsfähigkeit erhöht. Das wirkt auch in die Zeit danach, wenn es ums Stillen geht oder die Mutter mit dem Kind zuhause ist. Und diese Erfahrung muss Frauen und ihren Kindern ermöglicht werden.  Eine natürliche Geburt hat psychische und physische Vorteile. Innerhalb unserer Gesellschaft hat eine natürliche Geburt aber keinen hohen Stellenwert.

Natürliche Geburten sind also eher Ausnahme als Regel?
Bei den meisten Geburten wird nachgeholfen. Das beginnt mit der medikamentösen Einleitung der Geburt, die schon ein massiver Eingriff ist. Das geht weiter mit der Gabe von Schmerzmitteln über die Periduralanästhesie (PDA) bis hin zu operativen Eingriffen wie dem Kaiserschnitt. Diese Eingriffe stören den Geburtsverlauf, ebenso wie eine Verlegung. Wenn der Kreißsaal voll ist oder aus Personalmangel nicht besetzt werden kann, werden auch Frauen mit Wehen manchmal noch verlegt. Auch das ist ein Eingriff, der die natürliche Geburt hemmt, dabei werden Stresshormone ausgeschüttet, die eine negative Wirkung haben. Sie führen zum Beispiel zu einem Geburtsstillstand, der dann wiederum medikamentös in Gang gebracht werden muss.

Warum wird so häufig eingegriffen?
Das ist eine schwierige Frage. Wenn wir bei den Klinikgeburten bleiben – und 98 % aller Geburten in Deutschland finden dort statt – hat das unterschiedliche Gründe. Ob eine Geburt am fünften oder zehnten Tag nach dem sogenannten errechneten Geburtstermin eingeleitet wird, liegt im Ermessen der Klinik….

Hier geht’s direkt zur vollständigen Online-Fassung.

Das ungekürzte Interview ist zuerst erschienen in choices 01/19 und auf: www.choices.de

Gesundheitswissenschaftlerin Nicola Bauer über wiederentdecktes Hebammenwissen

Frau Bauer, Sie sind Leiterin des Studienbereichs und Professorin für Hebammenwissenschaft an der hsg Bochum. Wie lange gibt es den Studiengang schon?
Nicola Bauer:
Wir haben im Wintersemester 2010/11 als Modellstudiengang in NRW angefangen. Möglich wurde das erst durch eine Änderung im Berufsgesetz, die 2009 beschlossen wurde. Um Hebamme oder Entbindungspfleger – so die männliche Bezeichnung, in Deutschland gibt es aber nur fünf Entbindungspfleger – zu werden, musste man bis dahin eine dreijährige Berufsschulausbildung absolvieren. Über eine Akademisierung der Gesundheitsfachberufe wird aber seit 15-20 Jahren nachgedacht, alle europäischen Länder haben das inzwischen auch umgesetzt.

Der Beruf der Hebamme ist sehr alt, der Studiengang relativ jung. Warum braucht es eine Akademisierung?
Das Kompetenzprofil einer Hebamme hat sich sehr erweitert. Das Berufsgesetz der Hebammen und auch die Ausbildungs- und Prüfungsverordnung stammt aber noch von 1985. Damals war klar: Hebammen sind klinisch tätig oder maximal noch zehn Tage nach der Geburt in der Wochenbettbetreuung. Heute ist das Spektrum sehr viel größer: Hebammen können ab der Zeit der Familienplanung tätig werden, Schwangerschaften betreuen und Vorsorge anbieten, genau wie GynäkologInnen. Rund um die Geburt sind Hebammen in Kliniken als angestellte Hebammen oder als Beleghebammen, in Geburtshäusern oder bei Hausgeburten tätig. Auch das Wochenbett hat sich immens verlängert: Hebammen können Frauen bis zu 12 Wochen nach der Geburt zu Hause betreuen oder noch darüber hinaus bis zum Ende der Stillzeit. In manchen Fällen betreut die Hebamme Mütter auch bis zum ersten Geburtstag des Kindes. Die Lernfelder und die Einsatzorte der Praxis haben also gar nicht mehr zusammengepasst, die Menge an zu lernendem Stoff sprengt die dreijährige Berufsausbildung. Die Evidenzbasierung – das heißt begründen zu können, warum ich etwas wie tue – vor mir selbst, rechtlich und gegenüber der Frau und der Familie, ist absolut geworden. Dabei beziehe ich wissenschaftliche Erkenntnisse, Berufserfahrung sowie die Wünsche der Frau mit ein.

Wo bleibt die Praxis?
Es ist wichtig, dass auch Hebammen in akademischer Ausbildung reflektierte Praktikerinnen sind. Im Verlauf des Studiums sollten Studierende daher praktische Erfahrungen mit Frauen und Kindern sammeln. Für die Praxis kooperieren wir mit Kliniken in ganz NRW, bundesweit und im Ausland mit außerklinischen Einrichtungen. Die Studierenden absolvieren im Rahmen des Studiums 3.000 Praxisstunden in zwei unterschiedlichen Kliniken und 12 Wochen bei freiberuflichen Hebammen…

Hier geht’s direkt weiter zur vollständigen Online-Fassung.

Das ungekürzte Interview ist zuerst erschienen in trailer 01/19 und auf: https://www.trailer-ruhr.de