„Perspective Daily“ bietet konstruktiven Netz-Journalismus (Portrait)

Die Welt ist noch zu retten

Medien sind – und das nicht erst seit dem Digitalzeitalter – unser Zugang zu Informationen und somit zu der Welt, die uns umgibt. Die Art, wie und worüber sie berichten, prägt das Bild mit, das wir uns von der Welt, der Gesellschaft und unserer eigenen Position darin machen.

Wer eine Nachrichtensendung einschaltet oder Zeitung liest, kennt das Gefühl: Terroranschlag, Flutkatastrophe, Waldbrand, Unfälle und Krieg sind uns zur Gewohnheit geworden. Für die komplexen Probleme unserer Zeit scheint es keine Lösungen mehr zu geben. Daraus folgt nicht selten ein Gefühl der Ohnmacht, die wiederum in Resignation mündet. Warum also nicht einfach mit K.I.Z.s „Wir sitzen im Atomschutzbunker, Hurra, diese Welt geht unter“ auf den Lippen der unabwendbaren Apokalypse harren?

Dieser „erlernten Hilflosigkeit“, ein aus der Psychologie entlehnter Begriff zur Erklärung depressiver Erkrankungen, möchte das Gründer-Trio von „Perspective Daily“ etwas entgegensetzen. Maren Urner und Bernhard Eickenberg kennen sich bereits seit der Schulzeit, der gebürtige Niederländer Han Langeslag stieß 2007 dazu. Mit ihrem Crowdfunding Projekt wollen die drei promovierten Naturwissenschaftler das erste deutsche Online-Medium für Konstruktiven Journalismus starten.

„Von der Idee bis zur 180°-Wendung von der Wissenschaft zum Journalismus war es ein längerer Prozess“, erklärt Han Langeslag, der wie die beiden anderen Gründungsmitglieder nicht mehr in der Forschung tätig ist, sondern sich vollständig auf das Projekt konzentriert. „Der Konstruktive Journalismus ist mittlerweile eine internationale Bewegung und vor kurzem wurde der erste Lehrstuhl für das Thema in den Niederlanden besetzt. In Deutschland fehlt es bisher an einer Stimme, die Mut macht und die Menschen aktiv dazu auffordert, in die Debatte einzusteigen“.

Bereits erfolgreiche Projekte im Ausland, z.B. De Correspondent in den Niederlanden, das Constructive Journalism Project und Positive News in Großbritannien oder das Solutions Journalism Network in den USA dienten dabei als Inspiration.

Angelehnt ist das Konzept an die Positive Psychologie. Diese formierte sich seit den 1980er Jahren als Gegenpol zur auf Defizite gerichteten Psychologie, analysiert auch Gefühle wie Glück und Optimismus. Mit Themen wie Flüchtlingssituation, Klimawandel, Islamismus und EU-Zusammenhalt auf der Agenda von Perspective Daily ist klar, dass der Fokus nicht auf positive Nachrichten verengt werden soll. Probleme sollen sichtbar gemacht und klar benannt, aber nicht als gegeben und unumkehrbar dargestellt werden. Im Aufzeigen neuer Perspektiven und der lösungsorientierten Berichterstattung liegt der Hauptunterschied zum klassischen Journalismus.

Angst vor Fachjargon und Schachtelsätzen müssen die LeserInnen nicht haben. „Die Artikel richten sich an Menschen, die mitdenken. Wissenschaftliche Themen wie z.B. die Energiewende werden herunter gebrochen, so dass sie auch ohne Vorkenntnisse verständlich sind. Wir wollen die Leser bei der Hand nehmen“, ermuntert Han Langeslag künftige LeserInnen und Mitglieder.

Diese Art der Berichterstattung erfordert genau wie die klassische Berichterstattung das journalistische Handwerkszeug. Gründliche, investigative Recherche soll den Artikeln auf Perspective Daily ebenso als Basis dienen wie Forschungsergebnisse oder soziologische Studien. Nah an der wissenschaftlichen Arbeitsweise ist dazu der Anspruch, eine uneindeutige Datenlage oder sich widersprechende Fakten auch als solche transparent zu machen.

Perspektive Daily will und kann so keine sich im Sekundentakt aktualisierende Nachrichtenseite sein. Angepeilt ist mit einem gründlich recherchierten Artikel pro Tag dennoch ein ambitioniertes Ziel, das ab Mitte April 2016 verwirklicht werden soll. Unterstützt werden die GründerInnen dabei von bereits ausgewählten GastautorInnen wie Glücksforscherin Ute Scheub oder Nahost- und Islamismusexperte Dr. Guido Steinberg. Kontakte zu und weitere Kooperationen mit wissenschaftlichen Einrichtungen und NGOs gehören genauso zum Konzept wie prominente Unterstützung von u.a. der Berliner Schauspielerin Nora Tschirner und Gesine Schwan.

Nachtrag 03.01.2017: Webpräsenz von Perspective Daily.7

Zuerst erschienen unter: www.trailer-ruhr.de